Psycholog:innen müssen bei sozialrechtlichen Gutachten stärker eingebunden werden!

BDP-Umfrage zeigt: Psychologische Expertise bei sozialrechtlichen Fragestellungen ist höchst relevant, wird aber viel zu selten abgefragt.

Eine aktuelle Umfrage des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) unter seinen 11.000 Mitgliedern belegt die Bedeutung psychologischer Expertise bei sozialrechtlichen Fragestellungen.  Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass diese Expertise viel zu selten und nicht mit der gebotenen Intensität von Sozialgerichten und Versicherungsträgern abgefragt wird.

„Es gibt immer mehr sozialrechtliche Verfahren, in denen die wissenschaftliche Herangehensweise von Psycholog:innen für eine fundierte Begutachtung des Sachverhaltes erforderlich ist. Eine rein medizinische Sichtweise etwa betrachtet Krankheitsbilder, ihre Heilung und weniger individuelle Bedingungen im Umfeld. Das greift oftmals zu kurz“, so Dr. Meltem Avci-Werning, Präsidentin des  BDP. 

Die relevante Gesetzgebung und tradierte Praxis verhindert derzeit den systematischen Einsatz von Psycholog:innen als Gutachter:innen. In den betreffenden Paragrafen wird vor allem medizinische Kompetenz bei der Begutachtung eingefordert.

„Diese Praxis muss sich ändern, es braucht bei der Begutachtung im sozialrechtlichen Bereich breitere wissenschaftliche Kompetenz, um die immer spezifischer werdenden Fragestellungen richtig und im Sinne der betroffenen Menschen beurteilen zu können“, so Prof. Dr. Anja Kannegießer, Ehrenvorsitzende der Sektion Rechtspsychologie im BDP weiter.

Psycholog:innen müssen bei sozialrechtlichen Gutachten stärker eingebunden werden!

  • Nur etwa 40 % der Befragten gaben in der Umfrage an, regelmäßig in sozialrechtlichen Verfahren eingebunden zu werden, oftmals aber nur als Zusatzgutachter.
  • Dabei gibt nicht einmal 30 % an, dass psychologische Expertise eine angemessene Wertschätzung erfährt.
  • Die Hälfte der Befragten bestätigt, dass eine psychologische Beurteilung nicht angemessen berücksichtigt wurde. Fast 8 % sehen das sogar als „oft“ den Fall an.
  • Die interdisziplinäre Kommunikation mit anderen Gutachter:innen sahen fast 40 % jedoch als „unzuverlässig und lückenhaft“ oder gar „kaum vorhanden und mangelhaft“ an.

Hier besteht deutlicher Verbesserungsbedarf.

Psycholog:innen müssen bei sozialrechtlichen Gutachten stärker eingebunden werden!

Der überwiegend größte Teil der Berührungspunkte findet

  • in der Zusammenarbeit mit den Sozialgerichten (insgesamt knapp 1/3),
  • der deutschen Rentenversicherung (knapp 1/5) und den
  • Berufsgenossenschaften (rund 15 %) statt.

Dabei geht es vor allem um Themen der Funktions- und Leistungsbeurteilung im Rahmen der Erwerbsfähigkeit bzw. Reha- und Teilhabeleistungen, der Opferentschädigung sowie der Einordnung des Grads der Behinderung

„Psycholog:innen berichten, dass gerade bei einzelnen Sozialgerichten die psychologische Expertise öfter als früher abgefragt bzw. in Verfahren eingebunden wird. Dieses lässt sich auf wichtige Erfahrungen der Richter:innen mit Psycholog:innen zurückführen: Je stärker das Verständnis für psychologische Kompetenz bei sozialrechtlichen Fragestellungen ist, desto mehr wird dieser auch vertraut“, sagt Wilhelm Schilling, Vorsitzender der Sektion Wirtschaftspsychologie im BDP.

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